Laabs Kowalski – Ich, Jesus, Scharlatan
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Laabs Kowalski
Ich, Jesus, Scharlatan
ISBN 978-3-931140-41-0
ISBN 3-931140-41-5
KILLROY media, 2003
KILLROY Roman
142 Seiten, gebunden
Zusätzliche Informationen
Gewicht | 0,366 kg |
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Größe | 20,5 × 15,5 × 1,5 cm |
Zum Inhalt
Ich, Jesus, Scharlatan
In vielerlei Hinsicht ähneln Christen Filmbesuchern aus den Anfangstagen des Kinos, die das Geschehen auf der Leinwand gleichsetzen mit Realität – ein Zustand der Gnade und der Dummheit zugleich. Doch ein Film bleibt immer nur ein Film. Nicht einmal der leidenschaftlichste Cineast würde etwas anderes behaupten. Anders der Christ.
Über den Autor
Laabs Kowalski
Jahrgang 1963, jobbte nach dem Abitur u.a. als Taxifahrer, Kurzwarenverpacker, Bauschlosser, Malergehilfe, Ghostwriter und DJ. Er studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften und lebt als freier Schriftsteller, Drehbuchautor und Kreativberater fürs Fernsehen in Köln.
Rezensionen
Ein Prosakessel Buntes
Die Texte von Laabs Kowalski – von Max Gutleut, Listen, Heft 67
In regelmäßigen Abständen geht ein Wehklagen und Jammern durch die Gemeinde der Literaturkritiker und Buchhändler. Es gäbe, so heißt es dann, in der deutschsprachigen Literatur keine wirklichen Erzähler. Das ist also nicht weiter bemerkenswert. Erstaunlich aber bleibt, dass fulminante Erzähltalente zuallererst von diesen Kreisen ignoriert werden. Mein Lieblingsbeispiel in diesem Zusammenhang ist und bleibt Johann Beer, einer der großartigsten und amüsantesten Erzähler im deutschsprachigen Raum, und bis heute eher ein Gerücht der Literaturgeschichte als ein vielgelesener Autor. So wird wohl auch Laabs Kowalskis „Der merkwürdige Mann im Cafe“ nach diesem Pawlowschen Literaturgesetz eher übersehen werden. Und das ist durchaus schade, denn der bei KILLROY media in der Reihe „10 + 1 Stories“ erschienene Band bietet mit seinen 11 abwechslungsreichen Geschichten gute Unterhaltung. Die Stories sind in der Tat, was Stoff, Plot, Stillage und Erzählhaltung angeht, erfreulich heterogen. Die meisten sind auf eine überraschende oder witzige Auflösung am Ende der Erzählung hin gebaut, zum Beispiel „Das Grauen lauerte in der Studenten-WG“, weshalb auch allzu genaue Wiedergaben sich an dieser Stelle verbieten. Die Pointe kann auch drastisch ausfallen wie in „Silvester in Berlin“ oder in „Mutterstück“. „Die allerallertraurigste Geschichte der Welt“ dagegen ist wunderbar überdreht und kommt schnell vom Hölzchen aufs Stückchen, wobei der indianisch klingende Name Potayawarzl und seine vielfachen Bedeutungen schließlich das Erzählkommando übernehmen. Der Grundeinfall der Geschichte „Übernachtung im Hotel Liberal“ ist für meinen Geschmack ein wenig zu breit ausgewalzt, er hängt indirekt mit der Todesart Chet Bakers zusammen, dem sie gewidmet ist, bietet aber zahlreiche abstruse Momente und skurrile Typen. „Look-A-Like-Luke“ kennt den Grund für das immer wieder auftauchende Gerücht, Elvis lebe. Unter all den auf Effekt und Pointe gearbeiteten Stücken fällt eines schon alleine dadurch auf, dass es anders verführt und, fast ein wenig ziellos wirkend, von dem Moment erzählt, da jemand aus seiner Welt fällt. Damit kommt ein Moment von Ernsthaftigkeit auf, das der Sammlung insgesamt eher fehlt. Die längste Erzählung, „Abenteuer am Strom“, erinnert in ihren besten Momenten von Ferne an Walter Serners um die Ecke gepfiffenen Räuberpistolen. Kurz und gut: Kowalski „verfügt über ein ansprechendes erzählerisches Geschick wie über eine reiche Phantasie“. Mit diesen Worten wird der merkwürdige Mann aus der Titelgeschichte bedacht. In dieser knappen, erfreulich doppelbödigen Erzählung wird von einem Schriftsteller berichtet, der leibhaftig in seine eigene Fiktion gerät, aber nicht mehr herausfindet – aus einem Grund, der dem detailversessenen Leser Nabokov gefallen hätte. Stilistisch besehen, verwendet Kowalski oft Elemente des Pulp oder Groschenhefts („die zierliche Frau im derben Kostüm trug aufregende Züge“) und die wohl eher nur halbwegs parodistisch. Eine zuweilen etwas enervierende Vorliebe für Adjektive sowie für hard-boiled Metaphern wirken wie aus einem Seminar für kreatives Schreiben entlaufen. Eigenartigerweise stört dies aber alles in allem nicht weiter das Lesevergnügen. Wer Lektüre für eine mittellange Bahnfahrt sucht, ist mit diesem Buch gut bedient.
Stuttgarter Zeitung, 24.06.2003
Düsterpop zum Lesen „Tage im Umbruch“: ein Roman von Laabs Kowalski Wer sagt denn, in der modernen Literatur herrsche ästhetisch polierte Langeweile? Es passiert doch ganz schön was, zumindest in Laabs Kowalskis Roman „Tage im Umbruch – Ein Engel dreht auf“: Vom Tresen weg wird Peevee, diese unentschlossene herumhängende Titelfigur, samt seinem Kumpel von Skinheads böse zusammengeschlagen. Köpfe krachen gegen Kachelwände, Blut spritzt aus Bäuchen, von Messern geschlitzt. Nix wie weg heißt die Devise. Der schleichende Bass-Sound von Rage against the Machine hat das Gemüt eben noch „mit Melancholie bombardiert“, da steht ein Umzug an. Ab nach Köln, als Mitbewohner zu einem Typ namens Monty, der ständig eine Axt mit sich herumträgt, die auch schon mal blutig ausschaut. Die schöne Diana im Nebenzimmer bestrickt unseren Tresenhocker mit der dunklen Transparenz ihrer seidigen Strümpfe aufs Liebreizendste, es wird auch für die Angebetete noch schnell ein Auswahlband der besten Poptitel zusammengestellt, da steht schon die nächste Schlacht an: Ein Typ in schwarzem Leder macht die Angebetete an, und unser Schlaffi wirft sich mutig dazwischen. Natürlich fegt ihn ein heftiger Schlag vom Hocker, doch der Typ mit der Axt schafft sogleich Ordnung. Gerade noch entkommen, geht’s sogleich in eine wilde Verfolgungsjagd mit vier jungen Türken, dann wird die Fleischtheke eines Supermarkts ausgeraubt und schnell mit der neuen Arbeitskollegin kopuliert, die nächste Schlägerei geht mit einer Horde von Bikern ab, und der Typ mit der Axt verlässt uneigennützig den Schauplatz. Zurück bleibt eine Comic-Sammlung von unschätzbarem Wert für Peevee, der mit der delikat Bestrumpften umgehend ein Paar bildet und die Geschichte flugs zum Happy End führt. Damit man sich aber nicht vorwerfen lassen muss, die Geschichte sei zu konventionell erzählt, gibt es unmotivierte Einschübe, die in die Vergangenheit, in den Zweiten Weltkrieg führen. Man muss ja wissen, wo man herkommt. Ist dies nun Popliteratur, ein Beispiel des Social Beat oder eine mit Action aufgeladene Milieustudie? Den unbefangenen Leser wird’s nicht allzu sehr scheren. Er lässt sich in diese alltäglichen Sinnwelten von einem Autor einführen, dessen Name im Kölner Nachtleben etwas gilt, der für Harald Schmidt geschrieben hat und der sich in der Popgeschichte gut auskennt: Qualitätsausweis genug, eine Geschichte, in der etwas passiert, ein Ausschnitt der Szenewelt, nicht gerade prätentiös beschrieben, eine schmucklose Beiläufigkeit – Unterhaltungspopliteratur mit hektischem Beat. Ulrich Bauer